Laut Experten übersteigt der Schaden durch Präsentismus bei Weitem dem des Absentismus: Beschäftigte mit physischen oder psychischen Beeinträchtigungen der Gesundheit sind weniger leistungsfähig, machen mehr Fehler, erleiden oder verursachen Unfälle. Mit anderen Worten: Präsentismus kostet den Unternehmen viel Geld (1).
„Fehlzeiten machen nur einen kleinen Teil der krankheitsbedingten Produktivitätsverluste aus. Viele Arbeitnehmer:innen gehen auch dann zur Arbeit, wenn sie krank sind. Ein niedriger Krankenstand kann Unternehmen daher in falscher Sicherheit wiegen (2)“.
Die Kosten für Präsentismus werden laut einer Studie von Booz & Company doppelt so hochgeschätzt wie die Kosten für Absentismus. Sie liegen damit bei 129 Mill. Euro (~46 % der Gesundheitsausgaben von Deutschland (3).
Das Thema Präsentismus betrifft ebenso die Arbeit im Homeoffice. Bei der Arbeit im Homeoffice verschwimmt Berufliches und Privates. Arbeit trotz Krankheit fällt weniger auf und bleiben länger unentdeckt.
Warum gehen Mitarbeiter:innen krank zur Arbeit?
Es gibt nach wie vor noch nicht sehr viele Forschungen zum Thema Präsentismus. Unbestritten ist das Mitarbeitende, die krank zur Arbeit gehen eine Gefahr für sich darstellen, durch Verschleppung, gestiegenes Unfallrisiko und Chronifizierung.
Warum gehen Mitarbeitende dieses Risiko ein und welche Faktoren spielen dabei eine Rolle?
Diese Frage ist nicht einfach zu beantworten. Studien der BAuA (Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin) haben ergeben, dass Präsentismus ein individueller Entscheidungsprozess ist, der von verschiedenen Faktoren (Alter, Geschlecht, Beziehungsstatus, Gesundheitszustand) sowie von strukturellen Faktoren z. B. Arbeitsplatzunsicherheit sowie die allgemeine konjunkturelle Lage abhängen. Zusätzlich spielen arbeitsbezogene Einflussfaktoren eine große Rolle bei der Entscheidung gehe ich krank zur Arbeit oder nicht: Zeit- und Termindruck bei der Arbeit, die Unternehmens- und Führungskultur, die Arbeitsorganisation, überhaupt der Umgang mit Fehlzeiten im Betrieb sind mit entscheidend bei der sogenannten „Bettkantenentscheidung“.
Umgang mit Präsentismus: Empfehlungen für die Praxis
Für die Erfassung der eingeschränkten Arbeitsproduktivität durch anwesende kranke Mitarbeiter:innen stehen viele unterschiedliche Instrumente zur Verfügung. Diese beruhen hauptsächlich auf die Selbsteinschätzung der Beschäftigten. Häufig im Einsatz ist der „Workability Index (WAI)“. Dieser erfasst und bewertet die aktuelle sowie zukünftige subjektive Arbeitsfähigkeit von Beschäftigten (4).
Wenn sich ein Mitarbeiter oder Mitarbeiterin dauernd krankmeldet, ist ein Fehlzeiten-Gespräch hilfreich. Dieses sollte zeitnah nach der Rückkehr geführt werden und nicht erst, wenn sich die Wut bereits aufgestaut hat.
Diese 5 Tipps können helfen, ein erfolgreiches Fehlzeitengespräch zu führen:
Sprechen Sie die Mitarbeitenden nach jeder Anwesenheit an. Führen Sie ein „Willkommensgespräch“ nach jeder Abwesenheit.
Zeigen Sie Ihren Mitarbeitenden, dass Ihnen das häufige Fehlen aufgefallen ist. Das seine bzw. ihre Arbeitskraft gebraucht wird und dass es schwierig ist, kurzfristig umzuplanen, bei Ausfall.
Bleiben Sie freundlich und sachlich und beschreiben Sie nur die Wahrnehmung, ohne das Verhalten zu interpretieren.
Eine direkte Frage nach der Diagnose ist nicht zulässig. Erlaubt sind Fragen nach der voraussichtlichen Dauer der Krankheit und ob die Ursache arbeitsbedingt, ist bzw. war.
Signalisieren Sie, dass Sie alles tun werden, um ihm bei der Genesung zu unterstützen.
Impuls-Workshop „anwesenheitsförderliche Führung“
Der eintägige Impulsworkshopsetzt hier an: Die Teilnehmer:innen wie sie anwesenheits- fördernd führen und so die Anwesenheitsquote in ihrem Bereich verbessern können. Sie werden für ihre Einflussmöglichkeiten sensibilisiert und erhalten Anregungen, wie sie als Führungskraft ihr echtes Interesse am Mitarbeiter / an der Mitarbeiterin authentisch zeigen können.
Bei Interesse können Sie sich hier unverbindlich beraten lassen.
Quelle: Factsheet Studie „Vorteil Vorsorge – die Rolle der betrieblichen Prävention für die Zukunftsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes Deutschland, Booz & Company für die Felix Burda Stiftung,
Ein Blick in die Statistik zeigt: Die Schätzung der volkswirtschaftlichen Produktionsausfälle durch Arbeitsunfähigkeit liegen laut BAuA im Jahr 2020 bei 87 Milliarden Euro. Der Verlust an Arbeitsproduktivität (Ausfall an Bruttowertschöpfung) beträgt 144 Milliarden Euro. Dies sind enorme Kosten für die Unternehmen und hier gilt es, dauerhaft Fehlzeiten zu reduzieren.
Quelle: BAuA, volkswirtschaftliche Kosten durch Arbeitsunfähigkeit 2017 und 2020
Das Präventionspotenzial groß!
In den letzten Jahren ist bereits viel passiert. Das Betriebliche Gesundheitsmanagement (BGM) hat sich stetig weiterentwickelt. Vor allem in großen Unternehmen ist die betriebliche Gesundheitsförderung fester Bestandteil in der Unternehmensführung. Mittlerweile gibt es viele gesundheitsfördernde Maßnahmen für Beschäftigte. Es ist erwiesen, dass durch gesundheitsfördernde Angebote ein Return von 2,7 erreicht werden kann. Schaut man sich die Zahlen an, so ist das Präventionspotenzial groß.
Die Pandemie hat diese Entwicklung ins Stocken gebracht. Gerade werden die ersten Angebote in den Unternehmen wieder belebt. Das ist auch dringend notwendig, denn es zeigen sich zunehmend die Auswirkungen auf Körper und Psyche vor allem auch für die Mitarbeitenden im Homeoffice.
Mit dem Phänomen „Zoom-Fatigue“ haben sich bereits Wissenschaftler beschäftigt und in einer Studie wurden vor allem psychische Symptome wie Konzentrationsstörungen, Ungeduld und fehlende Balance genannt. Diese ersten Warnzeichen können längerfristig zu langen Fehlzeiten führen.
Laut dem Fehlzeitenreport der AOK haben die psychischen Erkrankungen inzwischen Platz 2 eingenommen. Sie machen gemeinsam mit den Muskel-Skelett-Erkrankungen bereits 1/3 der Erkrankungen aus. Die psychischen Erkrankungen führen zudem zu langen Ausfallzeiten: In der Regel dauert ein Fall 30,3 Tage und damit doppelt so lange wie der Durchschnitt.
Quelle: AOK-Fehlzeitenreport 2021
Viele Faktoren beeinflussen den Krankenstand
Gesunde Arbeitsbedingungen im Unternehmen helfen, krankheitsbedingte Fehlzeiten zu verringern oder zu vermeiden. Auch ein gesundheitsförderliches Verhalten der Mitarbeiter:innen trägt dazu bei. Ein gutes Betriebsklima hält größeren Krisen stand. Kolleg:innen sind eher bereit, Mehrarbeit durch krankheitsbedingte Fehlzeiten zu kompensieren. Eine gesunde Führung ist ein weiterer wichtiger Baustein für gesundheitsförderliche Arbeitsbedingungen.
Kosten durch Fehlzeiten
Unternehmen ermitteln die Fehlzeiten und diese sind in der Analyse eine wichtige Kennzahl, um zu sehen, wie es um die Gesundheit der Mitarbeitenden im Unternehmen steht. Was viele nicht genau abschätzen können, sind Kosten, die für die Ausfallzeiten entstehen.
Mit unserem Produktivitätsrechner können Sie ermitteln, welche Kosten Ihnen durch Arbeitsunfähigkeit in Ihrem Wirtschaftszweig entstehen*. Liegen die Zahlen im Anschluss vor, können gezielt Maßnahmen ergriffen werden, um Fehlzeiten nachhaltig zu reduzieren.
Für die Ermittlung der Kosten gehen Sie folgt vor:
* Basis ist die Schätzung der BAuA (Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin). Diese ermittelt die volkswirtschaftlichen Produktionsausfälle durch Arbeitsunfähigkeit. In unserer Rechnung werden die Bruttowertschöpfungsausfälle (Verlust an Arbeitsproduktivität) durch Arbeitsunfähigkeit ermittelt.
Es ist Herbst 2021 und wir steuern auf den nächsten „Pandemie Winter“ zu. Nachdem wir uns im Sommer in Sicherheit wähnten, schnellen die Zahlen wieder nach oben. Die Belastungen für die Mitarbeiter*innen steigen und die Dauer der Fehltage aufgrund von psychischen Erkrankungen erreichen Höchststände. Unternehmen stehen in der Pflicht, Maßnahmen zu ergreifen, um die Gesundheit ihrer Mitarbeiter*innen zu erhalten.
Längere Arbeitsunfähigkeitszeiten in der Pandemie
Unter den 15,6 Millionen AOK-Mitgliedern zeigt sich, dass der Krankenstand insgesamt gesunken ist, im Vergleich zu vor der Pandemie. Allerdings fielen die Ausfallzeiten deutlich länger aus. So fehlten Mitarbeiter*innen in der Pandemie aufgrund von psychischen Erkrankungen im Schnitt vier Tage länger. 1
Laut DAK Gesundheitsreport sind die Fehltage aufgrund von psychischen Erkrankungen in den letzten in den letzten 10 Jahre deutlich um 56 Prozent gestiegen.2
Nach der Pandemie wird ein weiterer deutlicher Anstieg erwartet. Die Auslöser für psychische Erkrankungen sind vielfältig und lassen sich schwer eingrenzen. Welche Faktoren tragen zum hohen Anstieg bei?
Entgrenzung der Arbeit
Viele Mitarbeiter*innen arbeiten im Homeoffice. Eine Studie der Hans-Böckler-Stiftung hat ergeben, dass für 60 % der Befragten die Grenzen zwischen Arbeit, Freizeit und Homeoffice immer mehr verschwimmen. Das kann im ungünstigsten Fall zu einer „ständigen Erreichbarkeit“ führen. Überlange Arbeitszeiten und fehlende Ruhepausen schaden der psychischen und physischen Gesundheit (Polzer/Seiler 2014).3 Oftmals spielt auch der private Bereich eine Rolle und dies vor allem in der jetzigen Situation in der Pandemie mit Zusatzbelastungen im Homeoffice, Kinderbetreuung, etc.
Quelle: Hans-Böckler-Stiftung, WSI 2020
Klare Vereinbarungen mit den Mitarbeitern wirken der Entgrenzung entgegen. Eine Betriebsvereinbarung oder Ergänzung zum Arbeitsvertrag bringen Klarheit. Auch Absprachen innerhalb des Teams über Erreichbarkeiten wirken der Entgrenzung von Arbeit und Privatleben entgegen. Die Studie „Orts- und Zeitflexibles Arbeiten“ mit Praxiswissen Betriebsvereinbarungen von Sandra Mierich, liefert hierzu wertvolle Hinweise.
Schlechte Führung
Die Führungskräfte spielen ebenfalls eine wichtige Rolle, wenn es um die psychischen Belastungen am Arbeitsplatz geht. Oftmals haben Führungskräfte ein sehr gutes fachliches Wissen, was oft fehlt sind Fähigkeiten auf der Beziehungsebene. Defizite wirken sich auf die Arbeitszufriedenheit und Anwesenheit der Mitarbeitenden aus. Ein toxisches Führungsklima belastet, kann zur inneren Kündigung oder gar zur Kündigung im Unternehmen führen. Eine Nachbesetzung von Mitarbeitern kostet den Unternehmen bis zu dem 1,5-Fachen des Jahresgehalts. Die häufigsten Austrittsgründe sind schlechte Führung (19 %), zu wenig Gehalt (18 %), geringe Aufstiegsmöglichkeiten (17 %).3
Fachkräftemangel
Laut einer aktuellen Studie der Bertelsmann-Stiftung ist der Fachkräftemangel deutlich größer als 2020 angenommen. Anstatt wie angenommen 54 % sind nach der aktuellen Studie 64 % der Unternehmen betroffen. Es fehlt vor allem an Personal mit abgeschlossener Berufsausbildung. Hier sind 48 % der Unternehmen betroffen .4 Die Folge: Die Arbeit wird auf immer weniger Schultern verteilt und die Fehltage wegen Arbeitsüberlastung erreichen Höchststände.
Verdichtung der Arbeit
Das Arbeitsaufkommen hat sich in den letzten Jahren enorm verdichtet. Gemäß des „DGB-Index Gute Arbeit 2012“ geben über 60 % der Beschäftigten an, immer mehr Aufgaben in der gleichen Zeit bewältigen zu müssen.5 Die WSI-Betriebsrätebefragung 2019 hat ergeben, dass in nahezu allen Branchen die zu bewältigende Arbeitsmenge gestiegen ist:
Quelle: WSI-Betriebsrätebefragung 2019, eigene Grafik
Insgesamt sind sowohl die quantitativen als auch qualitativen Arbeitsanforderungen gestiegen.6
Wie können Unternehmen und Organisationen gegensteuern?
Vorsorge ist besser als Nachsorge: Es gilt Belastungen gezielt aufzudecken, z. B. anhand von Befragungen. Die Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen setzt genau dort an: Handlungsfelder wie Arbeitsaufgabe, Arbeitsorganisation, Arbeitsumgebung und soziale Beziehungen werden genauestens unter die Lupe genommen. Damit können Belastungen frühzeitig aufgedeckt werden, bevor Belastungen und in Folge lange Fehlzeiten entstehen. Führungskräfte Trainings verbessern die Führungsqualität auf der Beziehungsebene.
Möchten Sie wissen, wie gesund Sie führen?
Dieser anonyme Selbstcheck7 bietet erste Anhaltspunkte, inwieweit Führungskräfte einen gesundheitsförderlichen Führungsstil pflegen. Sie bekommen das Ergebnis sofort angezeigt.
Seit mehreren Jahren nehmen die Fehlzeiten aufgrund psychischer Probleme stetig zu. Dieser Trend war bereits vor Corona sichtbar. Einen erneuten Anstieg gab es laut der Techniker Krankenkasse 2020. Mit einem Anteil von rund 20 Prozent machen die psychischen Erkrankungen das dritte Jahr in Folge den höchsten Anteil an den krankheitsbedingten Fehlzeiten aus. Viele Unternehmen möchten ihre Fehlzeiten senken und nehmen einen hohen Krankenstand zum Anlass, für eine nähere Betrachtung der Hintergründe.
Mit einer durchschnittlichen Arbeitsunfähigkeit von 17,3 Tagen je Arbeitnehmer/-in ergeben sich im Jahr 2019 insgesamt 712,2 Millionen Arbeitsunfähigkeitstage (AU-Tage) bzw. 2 Mio. ausgefallene Erwerbsjahre. Ausgehend von diesem Arbeitsunfähigkeitsvolumen, schätzt die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) die volkswirtschaftlichen Produktionsausfälle auf insgesamt 88 Milliarden Euro bzw. den Ausfall an Bruttowertschöpfung auf 149 Milliarden Euro.
Seit 2011 haben sich die AU-Tage aufgrund psychischer Verhaltensstörungen mit 117,2 Mio. nahezu verdoppelt. Der Ausfall an Bruttowertschöpfung beträgt laut BAuA Unfallverhütungsbericht 2019 damitbei 24,5 Milliarden Euro.
Die Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung ist bereits seit 2013 gesetzlich verpflichtend für jeden Arbeitgeber. Unternehmen, die sich diesem Thema stellen und damit die Gesundheit der MitarbeiterInnen in den Blick nehmen, nutzen diese Chance. Sie sichern ihre Marktposition in einem Umfeld, in dem sich schon heute gut ausgebildete Fachkräfte ihren Arbeitgeber aussuchen können. Diese Entwicklung wird sich weiter zuspitzen.
„Größere Unternehmen sind häufiger vom Fachkräftemangel betroffen als kleine. Besonders der Gesundheitssektor und das Bauwesen leiden unter Engpässen.“
Matthias Mayer, Co-Autor der Studie „Fachkräftemigrationsmonitor“ und Migrationsexperte bei der Bertelsmann Stiftung
Bei gut ausgebildeten Mitarbeitenden steht nicht mehr allein die Bezahlung im Vordergrund, sondern die Möglichkeit, Beruf und Familie gut unter einen Hut zu bringen. Der Arbeitsort ist dabei immer weniger entscheidend.
Enorme Fehlzeiten kosten die Unternehmen Unsummen
Die Produktionsausfallkostenaufgrund von psychischen Erkrankungen lagen laut Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin im Jahr 2019 bei 14,4 Milliarden Euro. Die Folgen der Corona-Pandemie sind aktuell noch gar nicht eingeflossen in die Statistiken.
Ein weiterer nicht zu unterschätzender Kostenfaktor sind die Kosten für Präsentismus. D. h. die Kosten, die verursacht werden, wenn MitarbeiterInnen krank zur Arbeit kommen. Diese liegen laut Studien fast doppelt so hoch wie die Kosten für MitarbeiterInnen, die wirklich krank sind (Absentismus).
Warum sollten Unternehmen sich um die psychische Gesundheit ihrer MitarbeiterInnen kümmern?
Standen vor einigen Jahren neben dem Unfallschutz noch die körperlichen Belastungen im Vordergrund, so sind es seit einigen Jahren die psychischen Erkrankungen.
Der demografische Wandel mit einer immer älter werdenden Belegschaft, die immer weiter voranschreitende Digitalisierung, ständiger Termindruck, Übernahme von mehr Verantwortung, mehr emotionaler Stress und zuletzt die Corona-Pandemie führen zu immer größerer Stressbelastung.
Warum sollten Arbeitgeber die psychischen Belastungen im Unternehmen erheben?
Mit der Erhebung der psychischen Belastungen am Arbeitsplatz besteht die Möglichkeit, die Arbeitsabläufe und Arbeitsbedingungen im Unternehmen in den Blick zu nehmen, Verbesserungspotential aufzudecken und das Miteinander im Team, aber auch das Verhältnis zu den Vorgesetzten zu verbessern. Kurzum: Eine gesundheitsfördernde Kultur zu schaffen mit motivierten und leistungsbereiten MitarbeiterInnen. Denn: Gesunde MitarbeiterInnen sind bis zu 21 % produktiver.
Unternehmen kommen ihrer gesetzlichen Verpflichtung nach. Denn seit 2013 ist die Erhebung gesetzlich verpflichtend ab einem/einer Mitarbeitenden. Sie steht damit gleichauf mit der physischen Gefährdungsbeurteilung. Verstöße werden mit Bußgeld geahndet oder führen im schlimmsten Fall zu einem Strafverfahren.
Wie ist der Stand bei der Umsetzung?
Deutschlandweit sind 3,5 Millionen Arbeitgeber zur Durchführung verpflichtet. Bei der Umsetzung gibt es nach wie vor viel Luft nach oben. Vor allem bei den kleineren und mittleren Unternehmen. Der gesetzlichen Pflicht kommen demnach bislang nur 50,3 % der Unternehmen nach (whatnext Studie 2020). Laut des aktuellen BAuA-Berichtes beziehen nur 10 % auch die relevanten psychischen Belastungen mit ein.
Welche Vorteile bietet die Durchführung?
Bezogen auf den Wirtschaftszweig „Öffentliche und sonstige Dienstleistungen“ hier ein Beispiel: Wenn wir hier bei 100 Mitarbeitenden von durchschnittlich 27,4 AU-Tagen pro Mitarbeitendem/-r ausgehen (insgesamt 2740 AU Tage pro Jahr), dann würde eine Reduzierung der AU-Tage um 10 % eine Einsparung von etwa 34 Tsd. Euro bringen (Quelle: BAuA, Volkswirtschaftliche Kosten durch AU 2019).
Zu bedenken ist bei der Berechnung, dass eine Fehlzeitenreduzierung um 10 % einige Zeit dauert, jedoch kann die Erhöhung der Zufriedenheit der MitarbeiterInnen schon innerhalb kurzer Zeit zur Verbesserung des Betriebsklimas beitragen.
Mit Hilfe der psychischen Gefährdungsbeurteilung haben Unternehmen ein Werkzeug an der Hand, mit dem sie die psychischen Belastungen ihrer MitarbeiterInnen lokalisieren und durch geeignete Maßnahmen reduzieren können.
Durch Investition in die Gesundheit ihrer MitarbeiterInnen erhöhen Unternehmen und Organisationen ihre Attraktivität für junge Nachwuchskräfte und die erfahrenen Know-how-Träger. Damit sichern sie ihren Erfolg in der Zukunft.
Damit haben Unternehmen zwei Ziele erreicht: Zum einen die Erfüllung der gesetzlichen Pflicht – und zum anderen den Weg zu einem Unternehmen mit motivierten und leistungsfähigen MitarbeiterInnen eingeschlagen.
Was sind die größten Hindernisse, das Projekt anzugehen?
Ein großes Hemmnis besteht darin, dass vielen Unternehmen nicht bewusst ist, dass es sich bei der Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen nicht um die Befindlichkeit einzelner Mitarbeitenden handelt, sondern um die Begutachtung bzw. Analyse des Arbeitsplatzes.
Oftmals stehen gerade bei kleinen und mittleren Unternehmen nicht die personellen Ressourcen zur Verfügung. In manchen Fällen werden eigene Fragebögen erstellt, die aber meist nicht das gewünschte Ergebnis bringen. Oftmals hapert es am Ende auch bei der Umsetzung der Maßnahmen. Es fehlt ein Konzept und eine kontinuierliche Begleitung von Anfang bis Ende.
Was sind die Konsequenzen bei einer Nichtdurchführung?
Wird eine Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen nicht oder nur unzureichend durchgeführt und dokumentiert, liegt eine Ordnungswidrigkeit oder sogar eine Straftat vor.
Was viele Unternehmen nicht wissen: Führen Arbeitgeber die psychische Gefährdungsbeurteilung nicht oder nur mangelhaft durch, drohen empfindliche Bußgelder oder gar ein strafrechtliches Verfahren (ArbSchG §§ 25, 26).
Durch die derzeitige Pandemie rückt Arbeitsschutz und Gesundheit noch weiter in den Vordergrund und wirkt wie ein Brennglas. Behörden arbeiten daran, Strukturen zu schaffen, um die Überprüfung der Unternehmen gezielter durchzuführen.
Wer ist zuständig für die Durchführung?
Verantwortlich ist die Unternehmensleitung. Als Erstes müssen AnsprechpartnerInnen benannt werden, die den gesamten Prozess vorbereiten und später die Maßnahmen ableiten und die Durchführung steuern. Ist ein Betriebsrat vorhanden, muss auch dieser vor Beginn involviert werden.
Für die Durchführung, von der Vorbereitung, Analyse und Bewertung psychischer Belastungen, die Entwicklung von Maßnahmen und die spätere Wirksamkeitskontrolle bis hin zur Dokumentation, sollten gegebenenfalls ExpertInnen eingesetzt werden. Fachkräfte für Arbeitssicherheit und BetriebsmedizinerInnen sind erste Ansprechpersonen. Externe BeraterInnen und Institute kommen oftmals dazu. Sie bilden eine neutrale unabhängige Instanz und sorgen damit für Vertrauen und Akzeptanz und am Ende für eine hohe Beteiligung in der Belegschaft, wenn beispielsweise eine Befragung durchgeführt wird.
Welche Möglichkeiten der Durchführung gibt es?
Grundsätzlich gibt es verschiedene Methoden, die zum Einsatz kommen. Dies geschieht zum Beispiel in Form eines Interviews, mit Hilfe eines Fragebogens oder eines Analyse-Workshops. Hier ist ExpertInnenwissen gefragt.
Wie geht es nach der Analyse weiter?
Dieser Punkt ist entscheidend für den Erfolg und für die Akzeptanz der MitarbeiterInnen. Nach Vorlage der Ergebnisse werden diese dem Führungsteam vorgestellt und Verbesserungsmaßnahmen entwickelt, priorisiert und umgesetzt. Eine Wirksamkeitskontrolle nach einiger Zeit und auch die Dokumentation sind Teil des Verfahrens.
Möchten Sie Ihre Fehlzeiten senken und wissen, was Fehlzeiten in Ihrem Unternehmen kosten? Nutzen Sie unseren branchenbezogenen Fehlzeitenrechner, für eine Erstanalyse hier.
Quellen: Statistisches Bundesamt, Arbeitsunfähigkeitsdaten von Mitgliedern der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) folgender gesetzlicher Krankenkassen: Allgemeine Ortskrankenkassen, Betriebskrankenkassen, Ersatzkassen, Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau als Träger der landwirtschaftlichen Krankenversicherung, BAuA (Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin).
Dieser Werbeslogan kam mir beim Schreiben des Blogbeitrags zum Thema Pause in den Sinn und ich muss sagen, er war und ist sehr einprägsam. Es geht heute nicht um Werbeslogans, sondern um Pausen während der Arbeit. Es geht vor allem um Pausen im Homeoffice, wie wichtig sie sind und dass sie im Arbeitsschutz sogar gesetzlich vorgeschrieben sind.
Ich gebe zu, auch mir fällt es nicht immer leicht, eine Pause einzulegen während meines Arbeitstages. Aber ich kann sagen, ich merke es sehr deutlich am Abend, ob ich regelmäßig einmal aufgestanden, morgens eine Runde um den Block gelaufen bin, eine bewusste Bildschirmpause eingelegt habe. Und ich kann sagen: Das macht einen großen Unterschied.
Gerade bei der Arbeit im Homeoffice sollten Pausen eingelegt werden. Häufig reiht sich eine Videokonferenz an die nächste. Das ständige Starren auf den Bildschirm ermüdet die Augen, die Konzentration lässt nach. Geregelte Pausen im Büro waren leicht einzuhalten. Es gab feste Pausenzeiten mit Kolleg:innen. Diese fallen nun weg. Einige Studien belegen, dass der Arbeitstag inzwischen früher beginnt und später endet – und oft, ohne zwischendurch eine Pause einzulegen.
Bildschirmpausen sind Pflicht
Laut Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) hat der Arbeitgeber dafür zu sorgen, dass die tägliche Arbeit an Bildschirmgeräten so zu organisieren ist, dass sie durch andere Tätigkeiten oder durch regelmäßige Erholungszeiten unterbrochen werden.
Leider fehlen in der Verordnung genauere Angaben über die Länge der Pausen.
Da es keine genauen Vorgaben gibt, hier einige Empfehlungen für die Pausengestaltung.
Eine weitere Regelung besagt, dass die Bildschirmarbeitsplätze auf mögliche Gefährdungen des Sehvermögens sowie körperlicher und psychischer Belastungen zu beurteilen sind.
Berufstätige, die nach der Arbeit nicht abschalten können, schlafen schlecht ein oder wachen nachts immer wieder auf. Die Erholungsfähigkeit sinkt und damit auch die Leistungsfähigkeit. Fehler nehmen zu, längeres Arbeiten ist notwendig und damit setzt eine Abwärtsspirale ein. Sieben bis acht Stunden Schlaf sind laut Forscher notwendig, um zu regenerieren. Die Frage ist, wie können Unternehmen ihre Fehlzeitenquote reduzieren, um Produktivitätsverluste zu vermeiden? Hierzu finden Sie in diesem Blogbeitrag 6 Tipps.
Körperliche und psychische Belastungen
Während die körperlichen Belastungen wie beispielsweise Rückenschmerzen oder Kopfschmerzen noch leicht zu bestimmen sind, ist es bei psychischen Belastungen schwieriger. Der Gesetzgeber weist verstärkt darauf hin, dass gerade jetzt in der Pandemie ein besonderes Augenmerk auf die psychischen Belastungen gelegt werden muss. Hierzu wird es ab Mai 2021 umfangreiche Kontrollen geben, bei denen rund 200.000 Betriebe (hauptsächlich kleine und mittlere Unternehmen kontrolliert werden. Die Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen als orientierendes Verfahren ist wie ein Radar der Schwachstellen im Unternehmen aufzeigt und diese durch geeignete Maßnahmen deutlich reduzieren kann und im besten Fall wieder vom Radarschirm verschwinden.
Digitaler Stress
Ein weiterer Faktor im Homeoffice ist der „digitale Stress“. Aber was ist das genau? Hierzu gibt es eine interessante Studie der PräDiTec. Deren Ergebnisse wurde gerade vorgestellt. Das Projekt PräDiTec beschäftigt sich mit Stress in der digitalen Arbeitswelt, ihre Ursachen und Folgen vor und während der Corona Pandemie. Hierzu habe ich bereits im vorherigen Blogbeitrag berichtet.
Am stärksten wahrgenommene Belastungsfaktoren sind demnach die „Nicht-Verfügbarkeit“. D. h. beispielsweise, es ist bekannt, dass es technische Systeme gibt, mit denen MitarbeiterInnen leichter arbeiten könnten, doch es steht Ihnen nicht zur Verfügung. An zweiter Stelle steht „Mangelndes Erfolgserlebnis“. Bei der digitalen Arbeit sehen beispielsweise Homeoffice-MitarbeiterInnen nicht, was sie am Tag geschafft haben. Während sie im Büro noch mit Papieren arbeiten, ist es im Homeoffice vorwiegend papierloses Arbeiten.
Die gesamten Ergebnisse der PräDiTec finden Sie hier als Download auf YouTube.
Gerade während der Arbeit im Homeoffice besteht die Gefahr, dass keine und nur wenig Pausen genommen werden. Sprechen Sie mit Ihrem Chef Ihre Pausenzeiten ab. Unter Umständen könnte auch eine unternehmensweite Regel für Bildschirmpausen helfen, die gleich in der Vereinbarung für das Arbeiten im Homeoffice (oder eine Betriebsvereinbarung) aufgenommen wird und somit im besten Fall Teil der Unternehmenskultur wird. Lassen Sie sich durch eine Software oder per Handy an Ihre Pause erinnern und vielleicht essen Sie ein…..,“nein, ich mache jetzt keine Werbung“.
Die Kehrseite von Homeoffice: Entgrenzung von Arbeit und Privatleben
Das Thema „Homeoffice“ ist in aller Munde und im Netz finden sich dutzende Themen. Gerade wurde die Verpflichtung für Unternehmen, verlängert. Ob Homeoffice-Pflicht, Gesundheit im Homeoffice, Seminare zum Homeoffice, mittlerweile gibt unzählige Workshops und Coachings, usw. Damit steigt unweigerlich der der digitale Stress. Aber was ist digitaler Stress und wie wirkt er sich auf die Beschäftigten aus? Diesem Thema möchte ich in diesem Blogbeitrag nachgehen.
Mehr als 10,6 Millionen MitarbeiterInnen arbeiteten laut Bitkom Research am Anfang der Pandemie ausschließlich im Homeoffice. Was auf der einen Seite ein Segen ist, da MitarbeiterInnen produktiver arbeiten und zufriedener sind, birgt es auf der anderen Seite das Risiko, dass Arbeit und Privatleben immer mehr verschwimmen.
Quelle: Bitkom Research 2020
Für ein Homeoffice spricht die Entlastung durch den Wegfall des Arbeitsweges, den Zeitgewinn und Stressreduzierung, wenn weite Strecken mit dem Auto zurückgelegt werden müssen. Die flexiblere Gestaltung der Arbeitszeit und mehr Handlungsspielraum bei der Erledigung der Aufgaben. Auf der anderen Seite besteht eine Doppelbelastung, gerade dann, wenn kleinere Kinder im Haushalt leben, die Eltern zusätzlich betreut werden müssen. Die die soziale Isolation, durch die starke Kontaktbeschränkungen ist ebenso belastend. Neben dem Alltagsstress entsteht durch die Arbeit und immer weitere Entgrenzung zum Privaten „digitaler Stress“.
Was ist digitaler Stress?
Digitaler Stress beschreibt den Zustand, der bei erhöhter psychischer und physischer Aktivierung aufgrund eines fehlenden Ausgleichs zwischen Belastung und der individuellen Voraussetzungen entsteht. In der Studie „Gesund digital arbeiten?!“ (Gimpel et al., 2019) wurden insgesamt zwölf verschiedene Belastungsfaktoren bei der Arbeit mit digitalen Medien und Technologien identifiziert.
Abb. Belastungsfaktoren und prozentualer Anteil von Beschäftigten, die von einer starken Ausprägung berichten (Gimpel et al., 2019)
Eine Erläuterung der Belastungsfaktoren findet sich hier.
Ein Beispiel für einen Zusammenhang einzelner Faktoren ist, dass Befragte mit höherer Medienkompetenz von hohem digitalem Stress in Bezug auf Unzuverlässigkeit, Leistungsüberwachung, Nichtverfügbarkeit und Gläserne Person berichten. Befragte, die in Unternehmen mit einer unterstützenden Unternehmenskultur arbeiten, berichten von geringem digitalem Stress in Bezug auf Unzuverlässigkeit, Überflutung und Gläserne Person.
Folgen vom digitalen Stress
Dauerhafter digitaler Stress führt zu verminderter Arbeitsfähigkeit und -zufriedenheit. Digitaler Stress steht im Zusammenhang mit einer erhöhten Erschöpfung sowie mit stärkeren Problemen bei der Arbeit abzuschalten. Das Resultat ist eine verminderte Arbeitsleistung. Zu den häufigsten spezifischen Gesundheitsbeschwerden zählen Muskel-Skelett-Erkrankungen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und psychische Erkrankungen.
Bewältigungsstrategien von digitalem Stress
Die Auswirkungen von Stress hängen im Allgemeinen von den individuell andauernden Strategien ab, die eine Person zur Bewältigung der belastenden Situation einsetzt (Lazarus & Folkmann, 1984). In der Studie wurde untersucht, ob dies auch bei digitalem Stress gilt. Folgende Bewältigungsstrategien wurden von den Befragten am häufigsten genannt:
Die Dinge von der positiven Seite betrachten
Aktiv handeln, um die Situation zu verbessern
Die Dinge mit Humor nehmen
Sich einen Plan überlegen
Lernen, mit der Situation zu leben
Es zeigte sich, dass Beschäftigte, die unterschiedliche Verhaltensweisen zur Bewältigung einsetzen, ihre Gesundheit besser einschätzen als diejenigen, die nur wenig Strategien anwenden. Dies gilt ebenso für die Arbeitsfähigkeit. Damit trägt eine die Gestaltung der Arbeit (Arbeitstätigkeit, Arbeitsumgebung, Arbeitsorganisation, Arbeitsmittel, soziale Zusammenarbeit) zu einer Reduzierung des digitalen Stresses bei.
Eine gesundheits- und leistungsfördernde Arbeitsgestaltung bietet in Zeiten zunehmender Digitalisierung Vorteile für die Unternehmen und Beschäftigte. Gesundheit am Arbeitsplatz ist entscheidend: Unternehmen können ihre Wettbewerbsfähig erhalten und attraktive Arbeitsplätze bieten. Beschäftigte können auch (weiterhin) digital gesund arbeiten.
Wie können Unternehmen digitalen Stress ihrer Beschäftigten reduzieren?
Eine Möglichkeit, sich diesem Thema zu nähern, ist die Durchführung von Mitarbeiterbefragungen, um potenzielle Belastungsfaktoren am Arbeitsplatz und im Homeoffice gezielt aufzuspüren und durch entsprechende Maßnahmen zu beseitigen. Hierfür können bereits existierende valide Fragebögen verwendet, werden, die entsprechend angepasst an die Bedingungen im Homeoffice, z. B. Online verschickt und ausgewertet werden. Zusätzlich oder alternativ liefern Online- oder Live-Workshops wertvolle Hinweise und Lösungen zur sofortigen Umsetzung und Reduktion von digitalem Stress.
Quelle: Gimpel, Henner; Berger, Michelle; Regal, Christian; Urbach, Nils; Kreilos, Mathias; Becker, Julia; Derra, Nicholas Daniel (2020). Belastungsfaktoren der digitalen Arbeit. Eine beispielhafte Darstellung der Faktoren, die digitalen Stress hervorrufen. Augsburg: Projektgruppe Wirtschaftsinformatik des Fraunhofer FIT. https://doi.org/10.24406/fit-n-581
War es im ersten Lockdown selbstverständlich, dass die ins Homeoffice geschickt werden, sieht es inzwischen ganz anders aus. Inzwischen wird die Forderung laut, wieder mehr Möglichkeiten fürs Arbeiten im Homeoffice zu schaffen. Wie kann Arbeit im Homeoffice sicher gestaltet werden?
Eine repräsentative Umfrage von Bitkom Anfang Dezember ergab, dass 10,5 Millionen, d. h. jeder vierte Beschäftigte im Homeoffice arbeitet. Laut des deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung können 40 % der Beschäftigten im Homeoffice arbeiten. So viel ist sicher, wir werden noch eine ganze Weile mit der Pandemie zu tun haben. Homeoffice 2.0 ist da: Es heißt wieder, viele Bälle in der Luft zu halten, um Arbeit, Kinder, Partnerschaft, Haushalt und Betreuung Familienangehöriger zu organisieren. Dies führt nicht wenige an die Belastungsgrenze.
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Eine Bilanz und wie es im Homeoffice sicher weiter gehen kann
Vereinbarung von Homeoffice
Grundsätzlich können zwei Formen unterschieden werden. Wenn die Arbeit nur kurzfristig und vorübergehend erfolgt oder Tätigkeiten ausgeführt werden, die keine Bildschirmtätigkeit voraussetzen, reicht eine mündliche Absprache zwischen Unternehmen und Beschäftigten aus. Ist eine langfristige Tätigkeit im Homeoffice in Form von Telearbeit gemäß § 2 Abs. 7 ArbStättV geplant, sollte diese schriftlich vereinbart werden.
Arbeitsschutz im Homeoffice
Auch wenn es zur Zeit kein Recht auf Homeoffice gibt, sind dennoch die Arbeitsschutzvorschriften zu beachten. Die Unternehmen stehen hier in direkter Verantwortung, sollten die gesetzlichen Vorgaben kennen und darauf achten, dass die Vorschriften eingehalten werden. Das ArbSchG fordert, das Belastungen ermittelt und auf deren Grundlage Arbeitsschutzmaßnahmen festgelegt werden. Gerade auch besonders im Homeoffice. Diese kann je nach Unternehmensgröße entweder mit vorheriger Befragung oder gleich als Workshop durchgeführt werden.
Eine arbeitsmedzinische Vorsorge (ArbMedVV) ist ebenso Pflicht wie die Einrichtung eines geeigneten Datenschutzes. Ebenso gilt auch im Homeoffice das ArbZG. D. h. ArbeitnehmerInnen müssen sich auch zu Hause an Regelungen zur Höchstarbeitszeit, Ruhepausen sowie das Verbot Sonn- und Feiertagsarbeit halten.
Gesetzlicher Unfallversicherungsschutz besteht auch im Homeoffice. Dieser beschränkt sich allerdings in der Regel nur auf den unmittelbaren Arbeitsbereich. Tätigkeiten, wie z. B. das Holen von Getränken sind nicht über die gesetzliche Unfallversicherung versichert.
Tipps, um Belastungen im Homeoffice präventiv vorzubeugen
Tipps für Führungskräfte
Regelmäßiger Kontakt
Gerade jetzt ist ein regelmäßiger Kontakt und Austausch zwischen Führungskräften und Mitarbeitern unerlässlich. Vereinbaren Sie Zeiten für ein 1:1 Online Meeting, um sich nach dem Befinden Ihrer MitarbeiterInnen zu erkunden.
Wertschätzung
Bringen Sie Ihre Wertschätzung für das Engagement zum Ausdruck. Loben Sie eine gute Leistung spezifisch und nicht allgemein.
Unterstützung
Holen Sie sich Unterstützung z. B. im Gespräch mit KollegenInnen, wenn Sie verunsichert sind.
Tipps für MitarbeiterInnen
Tagesstruktur
Planen Sie Ihren Arbeitstag mit Aufgaben und Aktivitäten und Pausen ähnlich wie Ihren Arbeitstag im Büro.
Soziale Kontakte
Bleiben Sie in Kontakt mit KollegenInnen und verbreden Sie sich auch privat z. B. zu einem Spaziergang mit einer Person.
Work-Life-Balance
Richten sie sich, wenn möglich einen Arbeitsplatz im separaten Raum ein, wenn das nicht geht, nutzen Sie einen Sichtschutz (z. B. Paravent), um die Arbeit bewusst auszublenden. Beenden Sie Ihren Arbeitstag bewusst, indem Sie die Kaffeetasse wegstellen. Treffen Sie klare Absprachen mit der Familie, wann Sie ungestört arbeiten – z. B. mit einem Zettel an der Tür und wer wann für was zuständig ist.
Kleine Pausen und Highlights
Machen Sie spätestens nach 30 – 45 Minuten eine klein Pause und gönnen sich einen Kaffee oder einen Snack für mehr Energie.
Bewegung
Bauen Sie Arbeitspausen ein und gehen ein mal kurz nach draussen zum frische Luft schnappen. Bewegen und strecken Sie sich.
Belohnung
Erstellen Sie eine Liste mit schönen Dingen, die Sie unter den gegebenen Umständen unternehmen können. Mit einem Freund/Freundin treffen oder einen Onlinespieleabend organisieren.
Unterstützung suchen
Wenn es doch einmal zu viel wird und Ihnen alles über den Kopf wächst, nehmen Sie die Hilfe der Telefonseelsorge in Anspruch unter 0800 111 0 111 oder 116 123.
Tools zum Homeschooling für zu Hause
Auch das Homeschooling geht in den zweite Runde. Diese Übersicht „Homeschooling Tools für zu Hause“ bietet einen guten Überblick der meist kostenlosen Tools und Plattformen, zur Unterstützung Zuhause.
Fazit
Jetzt und zukünftig geht es um die Umgestaltung des gesamten Arbeitsbereichs der Beschäftigten. Hier gilt es, die Übergangslösungen gründlich zu prüfen, die Vor- und Nachteile herauszuarbeiten, die offenen Fragen zu klären. Hierfür bietet die Gefährdungsbeurteilung eine ausgezeichnete Grundlage, um die Arbeit im Homeoffice nachhaltig gesund zu gestalten.
Seit Ausbruch der Corona-Pandemie rückt Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit in den Vordergrund. Unternehmen sind gezwungen, umfassende Maßnahmen zu ergreifen, um die Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz zu schützen.
Seit kurzem gibt es neue, bundesweit verpflichtende Regeln, um MitarbeiterInnen wirkungsvoll zu schützen. Die neue Arbeitsschutzregel präzisiert die Anforderungen an den Arbeitsschutz. Grundlage hierfür ist das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) und die Arbeitsschutzverordnungen während der Corona-Pandemie.
Neben den schon geltenden Schutzmaßnahmen (beispielsweise Sicherheitsabstand, Desinfektionsanforderungen, Tragen eines Mund-Nasenschutzes) ist es notwendig, auch die psychischen Belastungen im Blick zu behalten.
Um Beschäftigte vor einer Infektion bei der Arbeit zu schützen, sind in vielen Unternehmen Neu- und Umgestaltungen von Arbeitsplätzen und Arbeitsabläufen erforderlich. Dafür sind weitreichende Veränderungen der Arbeitsorganisation, Der Arbeitsplatz- und Arbeitszeitgestaltung notwendig. Art und Weise der Kommunikation bei der Arbeit ändern sich. Dies kann wiederum zu psychischen Belastungen führen, wie z. B.:
Sorge vor einer Infektion mit Covid-19
Zukunfts- und Existenzangst (Kurzarbeit, Jobverlust, Umsatzausfälle)
Doppelbelastung durch Kinderbetreuung parallel zum Homeoffice
Stark veränderte Arbeitszeiten, -aufgaben und -abläufe
Mangelnde Technische Voraussetzung für eine effektive Kooperation
Weitere Auswirkungen auf die psychische Belastungen sind z. B. Konflikte mit Kunden, langandauernde hohe Arbeitsintensität, vor allem in systemrelevanten Bereichen, Auswirkungen von Kontaktbeschränkungen (durch soziale Isolation im Homeoffice). Diese zusätzlichen psychischen Belastungen sind bei der Bewertung der Belastungssituation der Beschäftigen mit zu berücksichtigen und geeignete Maßnahmen zu ergreifen.
Akute Folgen der erhöhten psychischen Belastungsfaktoren können eine steigende Unfallgefahr durch nicht sicherheitsgerechtes Verhalten sein und stellen damit ein hohes Gesundheitsrisiko dar. Hier sind die Führungskräfte im besonderen zu involvieren und zu sensibilisieren.
Die Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung als Instrument für mehr Leistungsfähigkeit
Die Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung ist in dieser Situation ein zentrales Instrument. Durch die gezielte Erfassung der Belastungsfaktoren der MitarbeiterInnen lassen sich Problemfelder erkennen und gezielte Maßnahmen ableiten und dies nicht nur in der Corona-Pandemie, sondern auch darüber hinaus. Maßnahmen, die als Bausteine in der Personal- und Organisationsentwicklung, die Widerstandsfähigkeit und Leistungsfähigkeit der MitarbeiterInnen stärken.
Fehlen Ihnen die personellen Ressourcen für die Durchführung der Gefährdungsbeurteilung? Dann nehmen Sie gerne Kontakt mit uns auf. Wir unterstützen Firmen und Organisationen mit einem strukturierten und erprobten Verfahren. Damit haben Sie innerhalb kürzester Zeit eine aussagekräftige Bewertung der psychischen Belastungsfaktoren in Ihrem Unternehmen.
Alle Unternehmen sind gesetzlich verpflichtet, die psychischen Belastungsfaktoren am Arbeitsplatz zu untersuchen – und abzustellen. Gerade jetzt in der Corona-Pandemie ist es wichtiger denn je, den Fokus auf die MitarbeiterInnen zu richten und mit Hilfe von Mitarbeiterbefragungen Belastungen aufzudecken.
Doch die Frage die sich stellt, ist vor welchen psychischen
Herausforderungen stehen die Beschäftigten? Wie können neben der Schaffung der
physischen Schutzmaßnahmen ebenso psychische Schutzmaßnahmen ergriffen werden?
Unbestritten ist, dass gut gestaltete Arbeitsbedingungen die
MitarbeiterInnen beim Umgang mit den geänderten Bedingungen und ihren
Herausforderungen unterstützten.
Unter anderem müssen MitarbeiterInnen umgehen mit:
tiefgreifenden Veränderungen der Arbeitsorganisation,
emotionaler Inanspruchnahme durch die Bedürfnisse vieler Menschen,
Umstellung auf Homeoffice,
Veränderte Kommunikationswege und Kooperationsmöglichkeiten,
Arbeitsplatzunsicherheit,
Angst vor Infektion,
Akute Folgen der Zunahme psychischer Belastungsfaktoren können
ein nicht sicherheitsgerechtes Verhalten, eine steigende Unfallgefahr und ein
gesteigertes Unfallrisiko sein.
Die Beschäftigten können auf diese Umstände sehr vielfältig reagieren und Reaktionen zeigen sich z. B.
körperlich
Magen- und Darmprobleme
Kopfschmerzen
Atembeschwerden
kognitiv
Schwierigkeiten beim Abschalten nach dem Arbeitsalltag
Flüchtigkeitsfehler nehmen zu
Leistungsfähigkeit wird geringer eingeschätzt
emotional
Fühlen sich gehetzt und unter Druck
Fühlen sich gegenüber Herausforderungen ohnmächtig
Wie kann die Arbeit gut gestaltet werden, um Gefährdungen zu reduzieren?
Ablauf der Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen GDA Richtlinienkonform
Istock.com/29mokara
Die Durchführung einer psychischen Gefährdungsbeurteilung liefert wertvolle Impulse, deckt sie doch mit ihren 5 Merkmalsbereichen (Arbeitsinhalt, Arbeitsaufgabe, Arbeitsumgebung, soziale Beziehungen und neue Arbeitsformen) wesentliche Belastungsfaktoren auf.
Viele Risiken, die durch die Corona Pandemie entstanden sind, können eingeschätzt und sinnvolle Maßnahmen ergriffen werden.
Die Corona-Pandemie erinnert daran, wie störanfällig die Weltwirtschaft ist und wie schnell ein „kleiner Virus“ alles ins Wanken bringen kann. Diese Entwicklung bringt Unternehmen zu einer Neubewertung und -priorisierung der Gesundheit ihrer MitarbeiterInnen. Diejenigen Unternehmen, die vorausschauend denken und handeln, setzen die Gesundheit Ihrer MitarbeiterInnen nun an erster Stelle.
Schon jetzt ist sichtbar: Die Corona-Pandemie verändert unsere Arbeitswelt nachhaltig. Sie wirkt wie ein Brennglas und zeigt Schwachstellen auf, die vorher nicht sichtbar waren. Vorausschauende Unternehmen richten ihre Unternehmensziele neu aus und stellen die Gesundheit ihrer MitarbeiterInnen an erste Stelle.
Innerhalb kürzester Zeit wurden hunderttausende MitarbeiterInnen ins Homeoffice geschickt, um unmittelbar von dort aus von zu Hause zu arbeiten. Hierfür mussten vielerorts erst mal die Bedingungen geschaffen werden. Eine stabile Internetverbindung, Ausstattung mit Rechnern, Webcams und Headset standen dabei ganz oben auf der To-do Liste. Neue Strukturen mussten geschaffen werden für die Zusammenarbeit. Wie z. B. die Online Meetings über Zoom, MS Teams etc.. Digitale Kollaborationstools hielten Einzug in die Unternehmen.
Ein zentrales Thema war und ist das Führen auf Distanz. Althergebrachte Führungsstile mit engmaschiger Kontrolle haben vielerorts ausgedient. Führungskräfte, die sich mehr als NetzwerkerIn begreifen, ihre MitarbeiterInnen frei agieren lassen, motivieren ihre Teams und sind im Endeffekt erfolgreicher.
Studien belegen, dass der Erfolg eines Teams direkt abhängig ist von der Führungsqualität. Eine Studie zeigte, dass Führungskräfte direkten Einfluss auf die Motivation ihrer MitarbeiterInnen haben. So übernahm eine Führungskraft ein gut funktionierendes Team, in dem die Stimmung nach kurzer Zeit umschlug und sich die Zusammenarbeit merklich verschlechterte.
Menschen im Zentrum der Gesundheit – Ein Paradigmenwechsel? istock.com/Slphotography
Eine bessere Gesundheit fördert das Wirtschaftswachstum, in dem sie die Zahl der Arbeitskräfte erhöht, die Produktivität steigert und gleichzeitig immense soziale Vorteile bringt. Wirtschaftswissenschaftler schätzen, dass etwa ein Drittel des Wirtschaftswachstums in den fortgeschrittenen Volkswirtschaften im vergangenen Jahrhundert auf Verbesserungen der Gesundheit der Weltbevölkerung zurückzuführen ist. Forschungen der letzten Jahre haben ergeben, dass die Gesundheit fast ebenso viel zum Einkommenswachstum beigetragen hat wie die Bildung.
Trotz der Fortschritte des Jahrhunderts begrenzen in einem typischen Jahr schlechte Gesundheit und gesundheitliche Ungleichheit weiterhin den wirtschaftlichen Wohlstand. Beispielsweise gingen im Jahr 2017 bei den 15 bis 64-Jährigen insgsamt 580 Mio. Personenjahre aufgrund des schlechten Gesundheitszustands verloren. Quelle: Mckinsey.com
Der sechste Kondratieff
Nikolai Kondratieff, ein russischer Wirtschaftswissenschaftler ist Begründer der langen Wellen in Konjunkturzyklen, die mehr als 50 Jahre umfassen. Im „6. Kondratieff“ wird das Gesundheitswachstum zu den Hauptwachstumsbranchen zählen. Der Mensch rückt hierbei ins Zentrum. Es wird darum gehen, die Gesundheit zu verbessern und die Lebensqualität zu erhöhen.
Wer zu den Gewinnern von morgen zählen möchte, sollte schon heute in die Gesundheit investieren. Doch wie lässt sich die MitarbeiterInnengesundheit verbessern und wo angesetzt werden? Hier kann ein niederschwelliger Einstieg in Form einer psychischen Gefährdungsbeurteilung erste Ansatzmöglichkeiten bieten, um Belastungen der MitarbeiterInnen sichtbar zu machen und zu reduzieren.