4 Tage arbeiten, 3 Tage frei? Warum wir die Wochenarbeitszeit neu denken sollten, um den Krankenstand zu reduzieren

In den letzten Monaten beschäftigt mich eine Frage zunehmend: Wie können wir gesünder und nachhaltiger arbeiten? Dabei rückt ein Aspekt besonders in den Fokus: die Wochenarbeitszeit. Eine aktuelle YouGov-Umfrage im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur (dpa) zeigt, dass 38 % der Befragten eine wöchentliche statt einer täglichen Höchstarbeitszeit bevorzugen. Nur 20 % sind dagegen. Diese Zahlen spiegeln den Wunsch vieler Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nach mehr Flexibilität wider.

Doch Flexibilität ist nicht nur eine Frage des Komforts. Sie kann auch ein Hebel sein, um den Krankenstand zu reduzieren, das Wohlbefinden am Arbeitsplatz zu stärken und Burnout vorzubeugen.

Die Fakten: Was sagt die Umfrage?

Von den Befragten, die sich für eine wöchentliche Höchstarbeitszeit aussprechen, sagen:

  • 82 %: Mehr Flexibilität für Beschäftigte, z. B. durch längere Wochenenden

  • 44 %: Auch Arbeitgeber können flexibler planen

  • 22 %: Höhere Produktivität durch konzentriertere Arbeitseinheiten

Kritiker hingegen geben an:

  • 66 %: Produktivität leidet bei zu langen Arbeitstagen

  • 61 %: Gesundheitsrisiken nehmen zu (Stress, Überlastung)

  • 43 %: Weniger Zeit pro Tag für Familie und Freizeit

Interessant: 37 % würden lieber 4 Tage mit je 10 Stunden arbeiten, während nur 28 % beim klassischen 5×8-Modell bleiben wollen. Hier zeigt sich ein klarer Wunsch nach Neuverteilung der Arbeitszeit.

Warum weniger Tage arbeiten den Krankenstand reduzieren kann

Flexible Arbeitszeitmodelle, insbesondere eine 4-Tage-Woche, bieten vielfache Vorteile, die sich positiv auf den Krankenstand auswirken:

1. Weniger Stress und Erschöpfung

Ein zusätzlicher freier Tag pro Woche kann helfen, mentale und körperliche Erschöpfung abzubauen. Chronischer Stress ist einer der häufigsten Auslöser für Krankheitstage.

2. Mehr Zeit für Regeneration

Ein längeres Wochenende fördert die Erholung und reduziert das Risiko von Burnout und stressbedingten Ausfällen.

3. Bessere Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben

Mitarbeitende mit mehr Selbstbestimmung berichten häufig über höhere Lebenszufriedenheit – ein wichtiger Faktor für langfristige Gesundheit und geringere Fehlzeiten.

4. Gesteigerte Motivation

Wer sich erholt fühlt, kommt motivierter zur Arbeit. Studien zeigen, dass motivierte Mitarbeitende seltener krankheitsbedingt fehlen.

Gegenargumente ernst nehmen

Die Bedenken der Kritiker sollten nicht ignoriert werden. Längere Arbeitstage bedeuten auch höhere Belastung pro Tag. Damit dieses Modell funktionieren kann, braucht es:

  • klare gesetzliche Rahmenbedingungen,

  • echte Pausenkultur,

  • und eine offene Unternehmenskultur, die auf Vertrauen statt Kontrolle setzt.

Führungskräfte spielen dabei eine zentrale Rolle. Sie müssen nicht nur organisatorisch, sondern auch kulturell den Wandel begleiten und unterstützen.

Ein konkreter erster Schritt in diese Richtung ist die Durchführung einer Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung – gesetzlich vorgeschrieben, aber oft vernachlässigt. Sie hilft, Belastungen im Arbeitsalltag systematisch zu erkennen und gezielte Maßnahmen abzuleiten. So schaffen Unternehmen die Basis für gesündere Arbeitsbedingungen und können den Krankenstand nachhaltig reduzieren

Was heißt das für Unternehmen?

Der hohe Krankenstand in Deutschland verursacht jährlich Milliardenkosten. Wer flexible Arbeitszeitmodelle anbietet, kann:

  • Fehlzeiten senken

  • die Arbeitgebermarke stärken

  • Mitarbeiterbindung fördern

  • Produktivität steigern

Die Wochenarbeitszeit als variable Größe zu denken, heißt nicht: mehr Arbeit in weniger Zeit. Es heißt: besser arbeiten – mit mehr Fokus, mehr Motivation und mehr Gesundheit.

Politische Entwicklungen im Blick

Im Koalitionsvertrag der Bundesregierung heißt es, man wolle „Beschäftigten und Unternehmen mehr Flexibilität ermöglichen“. Geplant ist die Möglichkeit einer wöchentlichen statt täglichen Höchstarbeitszeit, im Rahmen der EU-Richtlinien. Das wäre ein bedeutender Schritt hin zu moderneren Arbeitsmodellen.

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